Ich wünsche euch einen schönen Juni! Heute geht es ein bisschen blutig zu, da ich euch mit der heutigen und damit ersten Schreibaufgabe des Monats ins Berlin der 1920er Jahre entführe. Passend dazu habe ich gestern auch wieder angefangen, „Babylon Berlin“ zu schauen, eine meiner liebsten deutschen Serien.
Die Schreibaufgaben für Juni findet ihr >hier< und die anderen Teilnehmer*innen gibt es >hier bei Elizzy<.
Heute:
Du wachst auf und steckst mitten in deinem aktuellen (oder vor kurzem gelesenen) Buch, was geht da vor? Und welches Buch ist es?
Ich schwebe über Berlin… Aber ich erkenne die Stadt nicht wieder. Die Straßenverläufe sehen zwar ähnlich aus. Die Siegessäule, das Brandenburger Tor, der Alex, Chaussee unter den Linden mit dem grünen Kern der Stadt… Aber wo ist der Fernsehturm? Die Ausbreitung der Stadt ist weitaus kleiner und der Verlauf der Gleise zum Hauptbahnhof hin fehlen auch. Wieso fliege ich eigentlich?
Ich entferne mich von Mitte der Stadt und fliege Richtung Westen. Hier kenne ich eigentlich besonders die Straßen in Charlottenburg und die Haltestelle „Kaiserdamm“ beim Busbahnhof. Der Wind trägt mich weiter nördlich, nach Westend. „Sachsenplatz“ lese ich auf dem Straßenschild. Nie von gehört… Ich will googlen, nachlesen über diesen Ort. Aber wo ist mein Handy? Habe ich ein Handy? Bin ich überhaupt ein Mensch? Bin ich nur noch ein launisches Lüftchen? Aber wieso dürfen launische Lüftchen nicht auch Handys haben?
Ich folge einer jungen Frau, umspiele leicht ihre Schultern. Sie wirken angespannt. In der Dunkelheit lässt sich nicht erkennen, wie sie aussieht oder welche Farbe ihre Haare haben. Ich folge ihr durch eine offene Tür. Als launisches Lüftchen rieche ich besser als in meiner menschlichen Form – ich rieche kalten Stein, die heißen Lampen und abgestandene Luft, hier wird wohl nicht oft gelüftet. Die junge Frau hört Schritte und dreht sich um. Ich sehe mich ebenfalls um. „Torben?“, fragt die junge Frau, erhält jedoch keine Antwort. Das Licht geht aus und es wird schlagartig pechschwarz um uns herum.
Kann ein launisches Lüftchen Angst bekommen? Jedenfalls schwingt das Gefühl der Angst gerade durch jede einzelne meiner launischen, luftigen Adern. Leise Geräusche, wie das Trampeln von Schuhen auf der Treppe, dringen an mein Ohr. Meine imaginären Nackenhaare stellen sich auf. Auch die der jungen Frau haben sich offensichtlich aufgestellt, ich rieche ihre nackte Angst. Ich folge ihr durch die geöffnete Wohnungstür in das Apartment und erschrecke. Es riecht nach Blut. Frischem Blut. Es riecht nach Tod. Nach einem Tod, der gerade eben erst eingetreten ist. Ich bin nur ein launisches Lüftchen, aber ich will fliehen, entschwinde in den Flur und durch die Haustür ins Freie, noch bevor die junge Frau die Wohnungstür zuschlagen konnte.
Kai Meyer – „Das zweite Gesicht“, S. 235
Hey 🙂
danke für deinen Beitrag! Ich konnte mich sehr gut einfühlen, weil ich auch gerade Babylon Berlin schaue, wirklich mega spannend. Und ich mag die Idee, als „Lüftchen“ über allem zu schweben und das Geschehen zu beobachten.
Liebe Grüße, Helen
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Liebe Helen,
und ich danke dir für deinen Kommentar! 🙂 Ja, ich habe mir vorgestellt, dass es sich dabei um einen Traum in einem Traum handelt – man denkt, man ist aufgewacht, träumt aber eigentlich immer noch.
Tatsächlich gibt es zwischen der dritten Staffel von „Babylon Berlin“ (und der Literaturvorlage) und dem Buch von Meyer einige thematische Überschneidungen – z. B., dass beide in der Filmbranche spielen und eine berühmte Schauspielerin stirbt.
Liebe Grüße
Alina
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Liebe Alina,
diese Träume in Träumen hab‘ ich ständig. 😀
Wegen des Buchs schließe ich mich Katharinas Kommentar an – lieber erst Google, wenn der Bücherberg ein wenig kleiner ist.
Liebe Grüße,
Helen
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Liebe Helen,
ja, ich kann es nur empfehlen. 😀 Neben Thriller und Kriminalroman findet sich darin auch ein Hauch Fantasy… Sehr spannend!
Liebe Grüße
Alina
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Liebe Alina
Das ist ja ganz schön unheimlich! Wer wurde wohl ermordet? Du scheinst dich gut auszukennen in Berlin. 🙂
Babylon Berlin ist grosse Klasse und auch eine meiner Lieblingsserien.
Liebe Grüsse
Larissa
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Liebe Larissa,
danke für deinen Kommentar! Wer da ermordet wurde, verrate ich mal noch nicht. 😉 Ich mag Berlin sehr und normalerweise verbringe ich im Sommer so viel Zeit wie möglich dort. Dieses Jahr muss das leider ausfallen.
Oh ja, sie ist für mich in der Hinsicht neben „Dark“ eine der besten deutschen Produktionen!
Liebe Grüße
Alina
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Eine tolle Idee den Text als launisches Lüftchen zu verfassen – der Wind ist nirgends und überall!
Ich musste den Text 2x lesen um den Inhalt ganz zu erfassen aber ich mag deine Herangehensweise 🙂
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Liebe Carmen,
vielen Dank für deinen Kommentar! 🙂 Ja, ich hatte am Anfang Schwierigkeiten, an die Aufgabe heranzugehen, da das aktuelle Buch bei mir ein Thriller und die Stelle eine sehr spannende war. Wie klinkt man sich da ein? Aber durch die Idee mit dem Lüftchen konnte ich das Ganze etwas allgemeiner, fast schon wie ein auktorialer Erzähler gestalten.
Liebe Grüße
Alina
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Sehr spannend. Du hast in einem kurzen Auszug geschafft es mich zu fesseln. Da meine to-read-Liste aber so lang ist, google ich lieber nicht nach dem Buch. 😉
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Liebe Katha,
das freut mich. 🙂 Und ja, dann würde ich Google erstmal lieber nicht dafür bemühen, auch, wenn das Buch sehr lesenswert ist. 😀
Liebe Grüße
Alina
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Da hast du eine faszinierende Stimmung heraufbeschworen. Und dabei kenne ich Babylon Berlin nicht mal. Demnächst gibt es auch bei mir eine ähnliche Zeitreise. Nicht ganz so weit zurück aber woanders hin.
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Liebe Ulrike,
freut mich, dass es dir gefallen hat! Ich bin gespannt auf deine Zeitreise. 🙂
Liebe Grüße
Alina
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Liebe Alina,
danke Dir. Stellenweise so beklemmend geschrieben, klasse gemacht … Ich kenne Buch und Serie nicht – und weiß: Das ist auch nicht meines.
Sonntagsgrüße
Judith
Hier https://mutigerleben.wordpress.com/2020/06/05/writing-friday-ein-regentag/ findest du meine Geschichte.
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Liebe Judith,
ich danke dir! Und das macht ja nichts, manchmal reicht auch einfach ein kurzer Abstecher ins Ungewohnte.
Ich habe noch bei dir vorbeigeschaut. 🙂
Liebe Grüße
Alina
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Liebe Alina,
danke dir und gute Nacht.
Judith
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